In letzter Zeit stoße ich immer wieder auf den Digital Services Act (DSA). Doch was genau ist der DSA? Gehen wir der Sache also auf den Grund.
Beim Digital Service Act handelt es sich um ein Gesetzespaket der Europäischen Union. Es ist Teil eines größeren Regulierungspakets, das auch den Digital Markets Act (DMA) umfasst. Und Regularien liegen bekanntlich auch in der DNA der EU. Während der DMA sich auf die Marktregulierung konzentriert, zielt der DSA darauf ab, den rechtlichen Rahmen für die Bereitstellung digitaler Dienste zu modernisieren.
Jetzt wissen wir alles… Oder doch nicht. Schauen wir einfach einmal weiter.
Inhaltsverzeichnis
- Inkrafttreten und Ziele des Digital Service Act
- Wer ist vom DSA betroffen und wer kontrolliert es?
- Nationale DSA-Koordinatoren
- Durchsetzung und Sanktionen
- Wer ist außen vor?
- Pflichten der Online-Vermittlungsdienste:
- Verbraucherschutz und der DSA:
- Illegale Inhalte:
- Verbot von irreführender Werbung & Dark Patterns:
- Unzureichender Maßnahmen gegen illegale Inhalte:
- Strengere Regeln für sehr große Plattformen
- Unterstützung und Regularien
- Und nun die harte Realität…
Inkrafttreten und Ziele des Digital Service Act
Der DSA ist am 16.11.2022 in kraft getreten und seit dem 17.02.2024 vollständig anwendbar. Er ziel darauf ab, den digitalen Binnenmarkt zu regulieren und zu harmonisieren.
Die Ziele des DSA im Detail:
- Schutz der Nutzerrechte: Der DSA stärkt die Rechte der Verbraucher durch Maßnahmen, die mehr Transparenz und Kontrolle über die Nutzung ihrer Daten bieten. Es ist von dem besseren Schutz der Grundrechte für Bürger*innen die Rede. Die Kontrolle und Auswahl sowie vereinfachte Meldung illegaler Inhalte wird angestrebt. Ein höheres Schutzniveau von Kindern im Internet durch z.B. das Verbot gezielter Werbung an Minderjährige. Im Allgemeinen setzt man sich nun auf EU-Ebene dafür ein, weniger illegale Inhalte darzustellen und Moderation von Innhalten voranzutreiben. Das stimmt mich doch bereits sehr optimistisch.
- Verantwortlichkeit der Plattformen: Plattformen werden stärker in die Pflicht genommen, um illegale Inhalte zu überwachen und zu entfernen. Dies umfasst nicht nur große soziale Netzwerke, sondern auch kleinere Dienstleister. Der DSA fordert von Plattformen, transparente Berichte über ihre Moderationspraktiken zu veröffentlichen und detaillierte Informationen über die Algorithmen bereitzustellen, die zur Inhaltsmoderation eingesetzt werden.
- Mehrwert für die Gesellschaft insgesamt: Nachdem wir nun die Stärkung der Nutzerrechte (Verbraucherschutz) und die Anbieter digitaler Dienste (in Form der Plattformen) betrachtet haben bringt der DSA auch der gesamten Gesellschaft etwas mit. Der DSA enthält Bestimmungen zur Bekämpfung von Desinformation und zur Förderung vertrauenswürdiger Informationsquellen. Es wird eine strengere demokratische Kontrolle und Aufsicht über systematische Plattformen kommuniziert.
Da stellt sich mir letztendlich die Frage: Wer legt am Ende fest, wann es Desinformation ist und welche Quelle als vertrauenswürdig zu betrachten ist.

Wer ist vom DSA betroffen und wer kontrolliert es?
Kurz und knapp. Alle Online-Vermittlungsdienste, welche im Binnenmarkt agieren. Auf der Website der EU findet sich unter strategy and policy ein schönes Bild einer Pyramide.
Ebene 1: Ganz oben die sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen.
- AliExpress International (Netherlands) B.V.
- Amazon Services Europe S.à.r.l.
- Apple Distribution International Limited
- Aylo Freesites Ltd. (Pornhub)
- Booking.com B.V.
- Google Ireland Ltd. (Beinhaltet neben Search auch Play, Maps, Maps, Shopping und YouTube)
- Infinite Styles Services Co, Ltd (Shein)
- LinkedIn Ireland Unlimited Company
- Meta Platforms Ireland Limited (Facebook und Instagram)
- Microsoft Ireland Operations Limited (Bing)
- NKL Associates s.r.o (XNXX)
- Pinterest Europe Ltd.
- Snap B.V. (Snapchat)
- Technius Ltd. (Stipchat)
- TikTok Technology Limited
- Twitter International Unlimited Company (X)
- Whaleco Technology Limited (Temu)
- WebGroup Czech Republic (Xvideos)
- Wikimedia Foundation Inc 3**** (Wikipedia)
- Zalando SE
Quelle: https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/list-designated-vlops-and-vloses
Diese Unternehmen, welche im Durchschnitt 45 Millionen aktive Nutzer in der EU pro Monat haben handelt es sich um VLOP oder auch VLOSEs. Das ist die Abkürzung von Very Large Online Platforms (VLOP) und Very Large Online Search Engines (VLOSEs). Wenn ich korrekt recherchiert habe kümmert sich um diese die EU-Kommission selbst. Da müssen wir uns also kaum weiter Gedanken darüber machen, das entsprechend Sanktionen bei Verstößen verhängt werden. Oder etwa doch?
Ebene 2:
Betrifft Online-Plattformen wie Online-Marktplätze, App-Stores, Plattformen der kollaborativen Wirtschaft und Social-Media-Plattformen, die Verkäufer und Verbraucher zusammenbringen.
Ebene 3:
Hosting-Dienste wie Cloud-Dienste und Webhosting (auch Online-Plattformen).
Ebene 4:
Vermittlungsdienste, die Netzinfrastrukturen anbieten: Internetanbieter und Domain-Registrierungsstellen (einschließlich Hosting-Dienste).
All diese Informationen kann man auch unter der Website der europäischen Kommission entnehmen.
Nationale DSA-Koordinatoren
Wie wir wissen, nimmt sich also die EU die VLOP und VLOSEs persönlich zur Brust. Was ist aber mit den Unternehmen von Ebene 2 bis Ebene 4. Hier sind die DSCs (Digtial Service Coordinator) für kleinere Plattformen zuständig und dienen als zentrale Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger. Zum Glück ist da jemand, der ein offenes Ohr für mich hat. Nun interessiert mich natürlich, an wen ich mich in Deutschland wenden kann, wenn ich illegale Inhalte melden möchte oder fürchte, auf Desinformationen gestoßen zu sein…
Es ist die Bundesnetzagentur, welche als DSC überwacht. Damit ist sichergestellt, dass die neuen Regeln des DSA eingehalten werden und die User sicher und frei im Netz unterwegs sein können. Somit kann ich wieder beruhigt schlafen.
Damit Du Dich auf der Seite der BNetzA nicht verläufst, habe ich hier direkt das Formular gefunden, mit welchem Du einen Verstoß gegen Vorschriften des DSA melden kannst. Das waren leider mehrere Klicks. Eine Empfehlung wäre hier eine Nachbesserung der Bundesnetzagentur, um einen schnelleren Zugang (max. 1 Klick) zum Formular zu ermöglichen.
Begriff Vermittlungsdienste lt. Art 3 g DSA
Was verbirgt sich hinter dem Begriff Vermittlungsdienste im Rahmen des DSA?
„Vermittlungsdienst“ eine der folgenden Dienstleistungen der Informationsgesellschaft:
- i) eine „reine Durchleitung“, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln,
- ii) eine „Caching“-Leistung, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln, wobei eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung dieser Informationen zu dem alleinigen Zweck erfolgt, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten,
- iii) ein „Hosting“-Dienst, der darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag zu speichern;
Wollte ich einfach nochmals klären.
Durchsetzung und Sanktionen
Aber was passiert, wenn ich gegen den DSA Verstoße?
Um es nochmals konkreter zu machen. Der Digital Service Act ist auf EU-Ebene und das DDG auf nationaler Ebene. Es verhält sich somit, wie bei der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) und dem BDSG-Neu (Bundesdatenschutzgesetzt).
Im Falle des DSA ist für die Einhaltung der Verordnung der VLOP und VLOSEs die EU zuständig und 27 weitere DSCs der einzelnen EU-Staaten für die anderen betroffenen Unternehmen. Die Sanktionsbefugnisse fallen auf der Website der EU unter dem englischen Begriff Enforcement entnommen werden.
Die Kommission kann seit dem 17.02.2024
Bußgelder bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes bei:
- Verstoß gegen DSA-Verpflichtungen
- Verstoß gegen einstweilige Maßnahmen
- Verstoß gegen Verpflichtungen
verhängen und die Anwendung regelmäßiger Sanktionen bis zu 5 % des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes für jeden Tag der Verzögerung bei der Einhaltung von Abhilfemaßnahmen, einstweiligen Maßnahmen und Verpflichtungen durchsetzen.
Als Ultima Ratio kann die Kommission die vorübergehende Aussetzung des Dienstes nach einem bestimmten Verfahren beantragen, wenn der Verstoß weiterhin schwerwiegenden Schaden für die Nutzer verursacht und Straftaten mit sich bringt, die das Leben oder die Sicherheit von Personen gefährden. Und außer bei den besonders Großen, werden diese Sanktionen innerhalb Deutschlands durch die Bundesnetzagentur geahndet.
Ich fürchte das wird hier immer mehr… Das ist schon sehr umfangreich, wenn es sich um ein Gesetzespaket handelt. So viele Buchstaben und Wörter, Sätze und dann auch noch die ganzen Paragrafen, welche folgen. Am besten ich lese ein paar AGB. Das lenkt mich erst einmal etwas ab.
Wer ist außen vor?
Kleine Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 10 Millionen Euro sind von den Verpflichtungen des DSA ausgenommen. Hinzu kommen Einzelpersonen, welche Dienstleistungen nur für den privaten Gebrauch anbieten.
Und ganz logischer Weise Unternehmen, die keine Dienstleistungen in der EU anbieten oder keine Nutzer in der EU haben.
Im Umkehrschluss sind alle anderen Unternehmen direkt betroffen.
Pflichten der Online-Vermittlungsdienste:
Unter Kapitel III des DSA – Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld werden sehr viele Punkte aufgeführt, welche nun von den Unternehmen beachtet werden müssen. Es handelt sich um in Summe 37 Artikel mit welchem sich die betroffenen Unternehmen vertraut machen müssen.
Je nach Größe und Unterscheidung des Anbieters (siehe Ebenen) werden unterschiedliche Pflichten erforderlich. Besonders große Plattformen müssen dementsprechend wesentlich mehr Regularien einhalten und auch befolgen, um den o.g. Sanktionen vorzubeugen.
Demzufolge gehen die einzelnen Pflichten auch mit den Zielen des DSA einher und der Verantwortlichkeit der Plattformen.
Verbraucherschutz und der DSA:
Wechseln wir einfach einmal die Perspektive. Weg von der mühseligen Arbeit der EU und den Pflichten der armen Großkonzerne dieser Welt. Wie werden Verbraucher mittels des DSA geschützt und was ist durch dieses Gesetz verboten?
Illegale Inhalte:
- Verbreitung von Hassrede, Gewaltaufrufen und Terrorismuspropaganda
- Veröffentlichung von Kinderpornografie oder Missbrauchsdarstellungen
- Verkauf oder Bewerbung von gefälschten Produkten oder illegalen Dienstleistungen
- Verbreitung von Desinformation, sofern sie gezielt und systematisch Schaden anrichtet
Verbot von irreführender Werbung & Dark Patterns:
- Täuschende oder manipulative Design-Praktiken (z. B. Dark Patterns, die Nutzer zu unerwünschten Handlungen verleiten) -> Hierzu unbedingt noch Cookie-Monster lesen
- Personalisierte Werbung für Minderjährige
- Werbung basierend auf sensiblen Daten (z. B. Religion, Sexualität, politische Meinung)
Unzureichender Maßnahmen gegen illegale Inhalte:
- Plattformen dürfen illegale Inhalte nicht einfach ignorieren – sie müssen schnelle und effektive Löschmechanismen haben
- Kein Schutz für anonyme Anbieter illegaler Waren/Dienstleistungen
Strengere Regeln für sehr große Plattformen
- Verpflichtung zu mehr Transparenz bei Algorithmen und Empfehlungssystemen
- Verbot mangelnder Moderation und Pflicht, Risiken für Demokratie, öffentliche Sicherheit und Gesundheit zu minimieren
Unterstützung und Regularien
Die meisten der o.g. Punkte unterstütze ich aus tieften Herzen umfänglich. Sei es die Hassrede oder der Aufruf zu Gewalt. Von Kinderpornografie gar nicht zu reden! Manipulative Designs und das Plattformen auf illegale Inhalte reagieren müssen…
Mit dem Thema Trusted Flagger und der Meinungsfreiheit tue ich mich durchaus schwer… Und komme zu meiner Frage vom Anfang zurück. Wer entscheidet darüber, welche Informationen zur Verfügung stehen?
Und nun die harte Realität…
Ein Test der Verbraucherschutzzentrale 100 Tage nach in Kraft treten des DSA hat folgendes ergeben:
- Es werden weiterhin weiterhin Dark Patterns durch große Onlineplattformen eingesetzt
- Keine Transparenz der Werbekriterien der Unternehmen (Warum wird Werbung an Person XY ausgespielt)
- Kontaktmöglichkeiten und AGB schwer zugänglich (so viel zum Thema Transparenz)
Quelle: Zwar etwas älter aber Seriös VZBV – 100 Tage DSA – Verbraucherschutz auf Online-Plattformen weiterhin mangelhaft
Und auch aktueller denje:
- 22.01.2025 von Tiktok über Amazon bis Temu: Manipulative Designs bleiben ein Problem
- 05.02.2025 vzbv fordert von Online-Marktplätzen mehr Sorgfaltspflicht
- 12.02.2025 Regulierung überfällig: Personalisierte Werbung
Auf der anderen Seite schreit die Werbeindustrie:
- „Personalisiertes Einkaufserlebnis für jedermann“
- „Customer Journeys – Maßgeschneidert für den Kaiser“
- „Individualisierte Angebote durch KI-gestützte Datenanalysen“
Und nun… finde die Fehler. Ein neues Gesetz, welches Verbraucher schützen und die Vermittlungsdienste stärker in Verantwortung nehmen soll. Ein Gesetz, was 2025 noch immer OHNE gravierende Auswirkungen auf Großkonzerne existiert – Beschlossen, Reglementiert – kaum oder zu wenig Sanktioniert…
Alle reden seit Jahren von Customer Centricity. Die Realität sieht am Ende aber nachweislich anders aus.
Ich mach‘ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt ….
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